Kurzurlaub in Leisnitz 2003

Viele Leisnitzer sind nach der Flucht vor der russischen Front und nach der Vertreibung durch die Polen in Leisnitz gewesen; in Leisnitz, Ihrem geliebten Heimatdorf.
In meinem Fall war es die zweite Reise nach der Vertreibung 1946.
Von Donnerstag bis Sonntag nach Pfingsten diesen Jahres war ich mit meinen erwachsenen Kindern
Luzia, Anna, Georg und Monika dort. Wir hatten das Glück, ausnahmsweise sehr schönes Wetter getroffen zu haben.
Von Schönau aus bin ich ausgestiegen und ein Stück vor dem Schönauer Wald zu Fuß nach Leisnitz gegangen. Eine herrliche Flur, Felder und weites Land, und dann den Berg runter durch den Wald wieder gefahren.

Beim Wegkreuz vom Vogel-Josef im Niederdorf bin ich wieder ausgestiegen und habe ein kurzes Gebet gesprochen und bin zu Vogels rein gegangen und hab gefragt: „wohnt hier der Vogel-Franz und ist er zu Hause?“ Nach kurzer Ratlosigkeit kam er tatsächlich!
Wir haben uns kurz unterhalten und ich habe ihn mit meinen Kindern bekannt gemacht. Die waren platt ob solch einer Selbstverständlichkeit.
Vorbei an meinem Elternhaus und vielen, vielen bekannten Häusern und Wohnungen ging es in Richtung Kirche, die leider schon verschlossen war, denn es war bereits später Donnerstagabend.

Nach langer Zeit die ersten Schritte durch die alte Heimat

 

Leisnitz von der Ferne aus

 

Durch die Stadtgasse fuhren wir in Richtung Leobschütz ins Nachtquartier.
Hinter Leisnitz haben wir wieder angehalten und haben uns die herrliche Gegend im Abendlicht angesehen.
Meine Kinder haben immer wieder gesagt, es übertrifft bei weitem meine bisherige Schilderung. So schön hätten sie sich unsere Heimat nicht vorgestellt.

 

Am Freitag bin ich früh aufgestanden und bin erst einmal allein durch ein Stück Leobschütz gegangen.
Ich habe mir das Gymnasium, den Stadtgarten, den Teich und den Park sowie den Bahnhof angeschaut.
Ich habe, wo ich nur konnte, mit Leuten und polnischen Schülern gesprochen, die strömten gerade zur Schule. Das Problem war nur, die konnten kein Deutsch und ich kein Polnisch, aber mit Händen und Mimik klappte das schon. Am Ende wusste ich jedenfalls wie alt sie waren und was sie gerade lernten. Sie hatten auch begriffen, dass hier meine Heimat ist und ich 1946 weg musste.

Ich kam mir vor, wie der einsame Wanderer, der Heim kehrt und niemand versteht ihn mehr.
In dem Hotel gegenüber dem Bahnhof, in dem wir 1974 gewohnt haben, ist jetzt ein Altersheim, dort gibt es noch ein paar Leute, die ein bisschen Deutsch können.

Nach dem Frühstück am Freitag ging es dann nach Leisnitz.
Wir hatten uns bei Familie Fuchs, beim Herrn Pfarrer und beim jetzigen Bürgermeister von Leisnitz angemeldet.
Da es noch zu früh war, um bei Fuchs zu erscheinen, waren wir zuerst in der Kirche; jetzt war sie auch geöffnet.
Am neuen Friedhof haben wir Gräber besucht und ich habe mehrere polnische Frauen, die die Gräber ihrer Verstorbenen pflegten, angesprochen. Auch das klappte leidlich.


Am Schluss wussten wir jedenfalls, wie viele Verstorbene sie dort liegen haben und wann sie gestorben sind.
Vor dem Friedhof war eine ältere Frau am Erdbeeren pflücken.
Ich bin hingegangen und habe angefangen zu reden. Sie verstand mich natürlich nicht. Am Schluss wusste ich jedoch, dass es Bernards Garten ist und dass sie Bernards Familie kennt. Sie wohnt seit 1945 dort. Ihre Mutter ist bei Bernards eingezogen.

Die alten Gräber auf dem friedhof

 

Dann ging es die Teschnauer Strasse entlang, dort habe ich unser Feld gesucht. Mein Vater sagte immer: „wir fahren nach Wawersig Kollas Feld“. Von dem hat er es einmal gekauft. Ich glaube, bis auf einige Meter habe ich es gefunden. Die schönen großen Kirschbäume stehen nicht mehr da, dafür eine Menge Holundersträucher. Die Strasse ist ziemlich zugewachsen. Aber auch hier herrliche Landschaft nach links und rechts. Am Ende der Strasse Teschnau und hinten links Kasimir.

Nachdem es nun spät genug war, sind wir bei Fuchs-Günter und Frau aufgetaucht. Wir sind vom Fuchs-Günter und seiner Frau Anni freundlich empfangen und bewirtet worden. Auch hat sich Günther viel Zeit genommen um uns den ganzen Tag als Dolmetscher zu helfen.
Mit Günther haben wir dann den Pfarrer aufgesucht. Er ist ein sehr freundlicher und redsamer Geistlicher. Wir haben uns sehr lange und gut in Deutsch unterhalten. Er wollte vieles von der Vergangenheit wissen und ich konnte ihm eine Menge erzählen. Auf jeden Fall hat er sich für uns viel Zeit genommen. Meine Kinder sind von ihm hell begeistert.
Nun ging es mit Fuchs-Günther zu unserem Haus. Der Bürgermeister hatte den heutigen Bewohnern gesagt, dass wir kämen, und dass sie uns alles zeigen sollten. Wir waren in fast allen Räumen und im Garten. Insgesamt sieht alles nicht sehr gut aus. Das Haus hat die Gemeinde im Besitz. Heute wohnen dort zwei ältere Frauen und zwei allein stehende junge Männer.
Wie es der Zufall will, tauchte auf einmal die Frau aus Bernards Garten auf mit Erdbeeren, die brachte sie ihrer Schwester, die heute da wohnt.


Walter Krautwurst vor seinem Geburtshaus


Ich habe ständig überlegt: „was könntest Du jetzt von hier mitnehmen?“ und habe dann von einem frischen Maulwurfhügel einige Hände voll Erde ins Taschentuch gebunden und eingesteckt.


Von meinem Elternhaus aus sind wir rüber gegangen ins Gaßla, zu Familie Majewska. Im „Leobschützer Heimatblatt“, Ausgabe 3, war von Frau Majewska ein Brief an Günther Rapp abgedruckt. Sie studiert in Oppeln Geschichte und will über die Geschichte von Leisnitz ihre Magisterarbeit schreiben.
Das Haus und der Garten sind sehr schön gestaltet. Im Wohnzimmer saß ein Mädchen und machte Schularbeiten. Wir haben auf der Terrasse bei kühlem Saft uns gut mit Hilfe von Günter Fuchs unterhalten. Das Haus und das Anwesen sind das vom Schwarzer Georg
(Arntes) neben Breitkopf Paul (Sieders, Kirchvater).

Das Haus von der Gartenseite aus

 

Von da aus sind wir ins Oberdorf gefahren und wollten den jetzigen Bürgermeister besuchen. Er war aber noch im Wald. Seine Tochter mit ihren zwei Jungen hat mit uns gesprochen und wir haben für 17:00 Uhr einen neuen Termin vereinbart. Er ist auf der Stelle von Max und Wanda Drechsler (Pattermanns). Wir sind dann nach Leobschütz zum Mittagessen gefahren, nicht, ohne hinter Leisnitz anzuhalten und den schönen Ausblick nach rechts: Königsdorf und gr. Berndau und nach links: Neustift, Kreuzwald, Jakobsdorf und Milisch zu genießen und zu bewundern.
In Leobschütz haben wir auf der Terrasse eines Tanzlokals in der Nähe der Stadtkirche, in der ich gefirmt worden bin vom Bischof aus Olmütz, zu Mittag gegessen.

Dann ging es wieder nach Leisnitz, nicht ohne die Wächter von Sabschütz zu begrüßen und zu fotografieren. Zwei Storchenpaare halten ständig am Weg nach Leisnitz Wache: ein Paar auf dem Elektromast gegenüber dem Teich und das andere auf dem Kirchturmdach.
Inzwischen war der Bürgermeister aus dem Wald zurück. Er ist 1946 in Leisnitz geboren, also schon ein Leisnitzer. Seine Frau und Tochter haben uns freundlich aufgenommen, es gab frische Kirschen und Erdbeeren. Gut, dass wir den Fuchs-Günter dabei hatten, so konnten wir uns auch hier unterhalten. Wir sind zum Wiederkommen eingeladen worden. Das gesamte Anwesen, die Hauseinrichtung und der Garten sind gut gepflegt.

Von dort ging es die kleine Seite runter vorbei an den mir noch gut bekannten Anwesen vom Behr-Vetter (Albert und Emilie). Meine Großmutter väterlicherseits war eine geborene Behr. Bei Rappes Geschäft (Ernst und Julia), bei Rotkegels Schmiede (Alois und Martha), bei Pankes (Paul und Anna), Wiezcorek (Günther und Justine), bei Wawersig (Hedwig und Anna) und bei Sacher Fleischers (Eduard und Maria).
An Sachers Zaun gelehnt wollte ich mit Gretel, die in Leichlingen wohnt, über Handy telefonieren, aber sie war leider nicht zu Hause, das Rufzeichen konnte ich aber hören: so nah sind Leichlingen und Leisnitz.

Dann ging es an der Schwemme vorbei, die heute zugeschüttet ist, in Richtung Denkmal. Für heute haben wir uns vom Fuchs-Günther verabschiedet.
Jetzt ging es wieder ins Niederdorf: wir haben ja dem Vogel Franz versprochen, noch mal vorbei zu kommen, wir haben ihn aber schon unterwegs getroffen. Er kam bei Schink Alois und Maria heraus, da wohnten seine ehemaligen Nachbarn.
Nun wollten wir zum Raser-Onkel Franz und Maria, da kommt man aber nicht mehr durch und das Haus steht auch nicht mehr. Ebenso haben wir von Newiadomskis Haus (Max und Elisabeth), sowie vom Haus von Schmitt (Robert und Hedwig) nichts mehr gesehen.
Jetzt ging es durch die Lammla-Goß zu den Halben-Vierteln, vorbei an den Gärten von Reisch Franz, Wawersig Josef, Wawersig Karl, Richter Josef (damals Bürgermeister), Heide Anton, Fleischer Emil, Richter Alois und uns: Krautwurst Emil.

Das Denkmal in Leisnitz

Hier knickt der Weg ab in Richtung zu den Halben-Vierteln, vorbei an den vielen Feldern. Von Leisnitzern, von denen ich noch eine Vorstellung habe und zum Teil auch noch kenne. Wir haben das Auto an dem ersten Weg, der links in Richtung der Berndauer Straße geht, stehen lassen. Da, wo Müller Pauls Feld war. Zu unserer Zeit konnte man nicht mit dem Auto hierher fahren, weil der Mittelstreifen viel zu hoch war.
Wir gingen bis zu Reisches Sandgrube, die heute zugeschüttet ist, Dort hört der Weg an der Stelle auf, wo der zweite Weg nach links abbiegt. Wenn wir zu den Halben-Vierteln gewollt hätten, hätten wir durch ein Weizenfeld gehen müssen. Der Weizen war im Bereich des ehemaligen Weges sehr mager. So habe ich unseren Kindern erklärt, wo unser Feld liegt. Früher konnte man gradlinig auf diesem Weg zu den Berndauer Wiesen gehen. Dahinter fließt die Straduna, in der ich als Junge oft meine Füße gekühlt habe.

Auf dem Rückweg haben wir an unserem Garten noch einmal Halt gemacht. Was war das früher ein wunderschöner Garten! In der Mitte große Apfelbäume; im hinteren Teil, zum Weg hin, junge Kirsch- Pflaumen- und Birnbäume, dazwischen Beerensträucher. Nichts steht mehr, dafür ein großes Brennesselmeer. Zu Beiers Feld hin an dem Zaun stehen zwei große Lärchen. Auf dem Feld von Richter Alois war ein Mann am Arbeiten, sonst haben wir keine Menschenseele gesehen.
Wieder an der Lammla-Goß angekommen, sind wir in Richtung Wiesenweg gefahren, dann diesen Weg bis auf die Höhe von Wieczoreks Plan. Jetzt haben wir den Wagen wieder stehengelassen und sind bis zu den Hofäckern gewandert. Auf der Kuppe lag unser Plan, das war das größte Stück Feld, das wir hatten. Rechts von uns lag das Feld von Neviadomski Max. Ich habe früher immer den Erwin bewundert, wie er mit seinen zwei Kühen pflügte und die Kühe vom Pflug aus mit der Kreuzleine lenken konnte. Um nach dem Plan zu kommen, war mit den Kühen ganz schön weit zu fahren, oft sogar mittags noch nach Hause.

Zu unserem vierten Feld nach Bornmachers sind wir nicht mehr gegangen. Das liegt am Linkenweg. Auch dort steht die Obstanlage nicht mehr. Da Siedlaczeks Garten jetzt ein kleines Wäldchen ist, konnten wir die Stelle gut ausmachen. In Gedanken habe ich an die vielen Feldnachbarn gedacht, so z. B. an Lorenz Emanuel, der mit seinen Pferden uns gegenüber sein Feld bestellte. Der Wiesenweg war früher zweispurig, so dass die Pferdefuhrwerke die die mit Kühen fuhren überholen konnten oder in entgegen gesetzte Richtung aneinander vorbei fahren konnten, nicht ohne sich freundlich zu grüßen. Heute ginge das nicht mehr. Der Weg ist so schmal geworden, dass man sich eine Feldeinbuchtung suchen muss um auszuweichen.

Jetzt ist der Freitag noch lange nicht zu Ende und es war so ein schöner Abend angebrochen, so, dass wir uns entschlossen, nach Ratibor zum Abendessen zu fahren.
Wir haben von sehr vielen Häusern Aufnahmen gemacht. Falls jemand von seinem Haus keine hat, dann schreibt mir bitte, vielleicht ist eine dabei.


Von Leisnitz fuhren wir wieder über Sabschütz nach Leobschütz und dann über eine schöne Landstraße, die es zu unseren Zeiten schon gab, nach Ratibor.
Im Abendlicht erschienen alle Orte sehr schön und glänzend. Es war schließlich schon 20.30 Uhr. Wir fuhren über Wernersdorf, Hohndorf, Dreimühlen (Zauchwitz) Altstett, Kößling, Katscher, Groß-Peterwitz und Hohenau.
Alles Orte, die uns noch gut im Ohr klingen und in denen so manche von uns Verwandte oder Bekannte wohnen hatten.

In Ratibor haben wir mehrere Stunden am Ring in einem, der für den Sommer aufgestellten Bierzelte, gesessen und zu Abend gegessen. Der großräumige Ring mit der Mariensäule aus dem Jahre 1727. Sie wurde von der Gräfin Gaschin zur Erinnerung an die überstandene Pest von 1715 gestiftet. Links schauten wir auf die Jakobskirche zusammen mit dem Dominikanerkloster aus dem Jahre 1246. – Weiter auf der gleichen Seite ist die Liebfrauenkirche, ein frühgotisches Bauwerk mit ihrem schlanken Turm zu sehen. Alles Zeugen früher deutscher Baukunst, die immer dort entstand, wo sich viele Menschen niederließen und Handel betrieben.
Wir konnten uns gar nicht genug an diesen herrlichen Bauwerken satt sehen. Dann waren es nicht zuletzt die vielen Menschen an diesem Freitagabend, die uns interessierten, vor allem die vielen Jugendlichen. Das Verhalten aller war sehr gesittet und ruhig.
Rosen am Friedhofszaun


Mittlerweile war es finster geworden und spät; wir fuhren nun die gleiche Straße nach Leobschütz zurück ins Nachtquartier.
Er herrlicher und erlebnisreicher Tag war zu Ende.

 

Der Samstagmorgen begann mit einem ausgiebigen Marktbesuch in Leobschütz. An vielen Stände wurden von Leuten aus der Umgebung Artikel für den täglichen Gebrauch angeboten.
Mein Hauptaugenmerk galt Blumen oder Blümchen, die man ins Rheinland mitnehmen konnte. – Ich hab mir vorgestellt, wie es wohl gewesen sein mag, wenn mein Vater mit Ferkeln zu diesem Markt fuhr. Er brachte dann jedes Mal etwas aus der Stadt mit. Ich kann mich noch gut an Kuhketten und neue Gabeln erinnern.
Von da aus ging es wieder nach Leisnitz, die Stadtgasse runter, an der Kirche und dem Pfarrhaus vorbei. Jedes Mal fiel uns wieder etwas Neues auf und es wurden Aufnahmen gemacht.

Die Dorfstrasse mit dem  alten Elternhaus
Bei Alschers hielten wir an. Der Hubert wohnt heute in Langenfeld, die Luzia in Leichlingen, Willi ist leider viel zu früh gestorben, auch sein Haus steht in Leichlingen, wo seine Familie wohnt. Früher konnte ich ihn immer fragen, wenn ich etwas über Leisnitz wissen wollte. Von dem schönen Haus und Hof von Alschers haben wir zur Erinnerung Aufnahmen gemacht. Dann von Cieslas, von Dobroschkes und Braunsches.

   
Nun sind wir übers Brückla auf die große Seite gegangen und haben uns angesehen, wo mal Purschkes Haus und Hof stand. Paul und Max wohnen heute in Langenfeld, Luzia und die anderen Geschwister in Opladen.

Neben Purschkes leerem Platz steht Beier Heinrichs Haus und daneben das von Karzmarczyk und an der Ecke zum Leisbach das von Heinrich Max. Karzmarczyks Haus ist frisch gestrichen. Auf der anderen Seite, vorbei an der Post bei Rapp Hermann, dann durchs Niederdorf.
Die Pohlmühle


Wir haben in Klein-Berndau an der Pohlmühle wieder Halt gemacht. Ich suchte noch immer kleine Pflanzen und Gräser und fand hier das Richtige. Die Pflänzchen konnte ich mit einem Taschenmesser aus der Erde nehmen und mit Wasser aus der Straduna anfeuchten.

Wir wollten noch zum Annaberg, also fuhren wir durch Oberglogau in Richtung Cosel. Vor Odertal ging es über die Oder mit einer Fähre die mit ausgekerbten Holzknüppeln, die an einer Seite in ein Seil eingehängt wurden und dann mit Handkraft über die Oder gezogen, wie es schon unsere Vorfahren machten.
Nun ging es zum Annaberg. Die Fahrt dorthin war schon ein Erlebnis für sich; mit seinen 410 m Höhe war er schon von weitem zu sehen. Bei klarem Wetter konnte man ihn von unserem Garten in Leisnitz sogar sehen.


Als wir an diesem Samstag ankamen, war in der Basilika gerade eine Pilgermesse. Später, nachdem wir uns um die Kirche herum alles angeschaut hatten, bin ich noch mal hinein gegangen. Ich wollte mich auch an dem Bittgang um den Altar herum beteiligen. Die dortige Pilgergruppe sang polnische Lieder. Auf einmal, wie von Geisterhand dirigiert, sangen die gleichen Pilger, die die ganze Zeit polnisch gesunden hatten, ein deutsches Marienlied, mit einer Kraft und Inbrunst wie mit Trotz und Wehmut zugleich.
Es ging mir durch Mark und Bein. Zumal ich von meiner Mutter weiß, dass sie regelmäßig als Mädchen von Badenau zu Fuß zum Annaberg gepilgert ist: ein Tag hin – ein Tag beten – ein Tag zurück!
In der Buchhandlung der Franziskaner kann man auch Schriften in deutscher Sprache kaufen, was wir nat ürlich ausnutzten.

 

Nun ging es über Krapitz nach Oppeln, wo ja unsere Bezirksregierung ihren Sitz hatte. Oppeln ist eine alte beachtliche Stadt mit erkennbar deutscher Kultur, was an den Gebäuden, die zum Teil noch aus früherer Zeit stammen, zu erkennen ist. Jetzt für uns aber gut erkennbar mit polnischem Leben erfüllt.

Sonntag war unser Rückreisetag, aber nicht, ohne in Leisnitz an der Sonntagsmesse teilgenommen zu haben.
Wir haben in einer der hinteren Bänke an der rechten Seite Platz genommen. Zum Mittelgang hin waren noch einige Plätze frei. Die wurden auch schnell besetzt. Ein Mann, wohl etwas älter als ich, reichte mir über die Anderen hinweg die Hand. Ob er mich wohl kannte? Ich hab ihn nachher draußen nicht mehr gesehen.
Am sp äten Abend waren wir in unseren Heimatorten im Rheinland. Eine Reise mit bleibendem Wert war zu Ende.

 

Walter Krautwurst mit seinen vier Kindern in der Umgebung von Leisnitz

 

Es wird mir immer klarer, wie wichtig es ist, unsere Vergangenheit unseren Kindern und Mitmenschen immer wieder zu erzählen und auf Bildern zu zeigen. Das sind wir unseren Eltern und Vorfahren schuldig. Wie viel Generationen mögen es wohl vor uns gewesen sein?

Ein Anliegen habe ich noch, liebe Leisnitzer, nach meinem Geburtsjahrgang kommen nur noch sechs Jahrgänge, die bewusst unsere Heimat erlebt haben. Damit dann nicht unsere 800-jährige deutsche Geschichte aufhört erzählt zu werden, erzählt Ihr es wo Ihr nur könnt und Gelegenheit habt. Besonders auch unseren einheimischen Freunden, da ist noch viel Nachholarbeit zu leisten, ich erlebe es täglich. Damit in Zukunft unsere Geschichte lebendig bleibt.
© Walter Krautwurst